Hedwig Urach

Schneiderin. Widerstandskämpferin gegen das NS-Regime. Hingerichtet.

* 1910    † 1943

 

Lebenslauf

Hedwig Urach wurde am 20.8.1910 in Wien geboren. Sie arbeitete als Schneiderin. Zunächst war sie bei den Kinderfreunden, später beim Kommunistischen Jugendverband. Von 1931 bis 1932 hielt sie sich in Moskau auf und kehrte hernach nach Wien zurück. 1939 war sie kurzzeitig in Belgien, doch noch im selben Jahr folgte die Rückkehr nach Österreich.

Widerstand, Todesurteil, Abschiedsbrief an die Eltern, Hinrichtung

Hedwig Urach war Mitglied des Zentralkomitees des Kommunistischen Jugendverbandes und für diesen nach 1934 als Sekretärin tätig. Zudem agierte sie als Mitglied der dritten Leitungsgruppe der KPÖ. Am 17.6.1941 wurde sie verhaftet, das Todesurteil wurde über sie am 16.12.1942 gesprochen.

Nur vier Tage, nachdem das Todesurteil verhängt worden war, schrieb sie an ihre Familie:

„Meine Lieben! Vor Weihnachten und nach meinem Prozess der erste Brief. Zwar für alle ein recht trauriges Weihnachtsgeschenk, trotz aller Hoffnung, die wir hatten, aber umso stärker muss heute unsere Liebe zueinander sein, der Glaube, dass es doch noch gut ausgehen wird. Ich selbst habe mit starkem Mut das Urteil aufgenommen und habe den Glauben nicht verloren, dass es doch noch ein Wunder geben wird, ein Wunder, dass mir das Leben erhalten bleibt. Mir tut es sehr leid, euch beiden, meinem einzigen Papuschka und dir, meiner einzigen Mutsch, solch traurige Weihnachten bereitet zu haben in euren alten Tagen – die ihr um die große Liebe und Sorge um mich nicht verdient habt..."

Am 21. März 1943 schrieb Hedwig Urach ein Kassiber, das erst 1949 - in ein Foto eingeklebt - entdeckt worden ist:

"...Sollte das Schicksal entscheiden, fünf Minuten vor zwölf abzutreten, dann Euch meinen heißen Gruß und all meine grenzenlose Liebe für alles Gute und Schöne...."
"...Mein ganzer Stolz ist, dass ich ein Kind solcher Eltern bin, die das Schöne und Gute in mir geweckt haben. Das große Verständnis für das Leben, worin mein von mir so heiß geliebter Papsch das ideale Vorbild gewesen ist. Seid nicht traurig, es ist nur ein Soldat der gerechten Sache abberufen worden. Meine Liebe gehört euch, euch und der Arbeiterklasse, dessen Kind ich mit heißem Herzen bin, ein Teil von jener wundervollen Schichte des Volkes, von der alles Leben kommt."

Quelle: Lisl Rizy, Willi Weinert, „Mein Kopf wird euch auch nicht retten“. Korrespondenzen österreichischer WiderstandskämpferInnen aus der Haft. Band 4, Seite 1923,1928. Wiener Stern Verlag 2016

Ihre Hinrichtung im Landesgericht I in Wien erfolgte am 17.5.1943.

Aus dem Urteil

“Kurze Zeit darauf stellte Puschmann der Urach den Mitangeklagten Peschke (…) als den Leiter des Gebietes IV vor und veranlasste sie, die Betriebsverbindungen in diesem Gebiet und auch die Verbindung vom Gebiet IV zur Stadtleitung aufrechtzuerhalten. Zu diesem Zweck machte Puschmann die Angeklagte mit dem Mitglied der Stadtleitung Karl Hodac (“Hammer”) bekannt (…) Um die Jahreswende 1940/1941 lernte die Urach durch Hodac den bereits abgeurteilten Friedrich Faß kennen, der seinerzeit noch als Leiter des Gebietes III fungierte, aber von Hodac als Mitglied der provisorischen Stadtleitung bezeichnet wurde. (…) Im März 1941 führte die Angeklagte Urach dem Faß ihre Freundin Gusti Kramer zu und beauftragte diese etwa zweimal, wenn sie selbst verhindert war, für sie die mit Faß festgelegten Treffs wahrzunehmen. Ferner vermittelte sie im Frühjahr 1941 die Bekanntschaft zwischen Faß und Jarosch, dem Leiter des Gebietes I, den sie durch Hodac kennengelernt hatte. Von Faß bekam sie im Januar 1940 400.- RM, im Februar 500.- RM und im März 800.- RM, die sie jeweils an Hodac ablieferte.”

Straßenbenennung

Eine Gasse in Wien ist nach Hedwig "Hedy" Urach benannt.

Gedenkort - Landesgericht für Strafsachen Wien

Im ehemaligen Hinrichtungsraum des Landesgericht für Strafsachen Wien findet sich ihr Name auf einer der Gedenktafeln.

Gedenkort - Gruppe 40, Zentralfriedhof

In der Gruppe 40 wurden die im Wiener Landesgericht Hingerichteten beerdigt. 2013 wurde die Gruppe 40 zur Nationalen Gedenkstätte erklärt.

Quellen und Bildnachweise

  • Willi Weinert, "Mich könnt ihr löschen, aber nicht das Feuer". 4. Auflage Wiener Stern Verlag, 2017
  • Lisl Rizy, Willi Weinert, „Mein Kopf wird euch auch nicht retten“. Korrespondenzen österreichischer WiderstandskämpferInnen aus der Haft. 4 Bände. Wiener Stern Verlag 2016
  • Porträtbild: Willi Weinert oder Wiener Stern Verlag
  • Bild Fallbeil/Guillotine: Leihgeber Kurt Brazda
  • Andere Bildrechte: Angabe bei Anklicken des Bildes (Bildinformation)
  • Andere Bilder: Privatbesitz oder Verein Zur Erinnerung
  • "Die Vollstreckung verlief ohne Besonderheiten" - Hinrichtungen in Wien 1938 bis 1945, hg. von Brigitte Bailer, Wolfgang Maderthaner und Kurt Scholz

Hauptwerke zur Gruppe 40

Weiterführende Informationen

  • DÖW Katalog zur permanenten Ausstellung. Hg. v. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands, Wien 2006
  • Wolfgang Neugebauer, Der österreichische Widerstand 1938-1945, Wien 2008
  • Die Geschichte des Grauen Hauses und die österreichische Gerichtsbarkeit, Wien 2012
  • DÖW (Hg.) Widerstand und Verfolgungen in den österreichischen Bundesländern (Wien, Burgenland, Oberösterreich, Tirol, Niederösterreich, Salzburg), Wien 1975-1991
  • Heinz Arnberger, Claudia Kuretsidis-Haider (Hg.) Gedenken und Mahnen in Niederösterreich. Erinnerungszeichen zu Widerstand und Verfolgung, Exil, Befreiung, Wien 2011
  • Brigitte Bailer, Wolfgang Maderthaner, Kurt Scholz (Hg.), „Die Vollstreckung verlief ohne Besonderheiten“, Wien
  • Herbert Steiner, Gestorben für Österreich. Widerstand gegen Hitler. Eine Dokumentation, Wien 1995
  • Herber Steiner, Zum Tode verurteilt: Österreicher gegen Hitler. Eine Dokumentation, Wien 1964

Web-Hinweise


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